Preise stabil, Zubau geht zurück, also „business as usual“? Nicht unbedingt! Erstmals in diesem Jahr liegen die Modulpreise aller Herkunftsregionen und fast aller Produktklassen unter denen des Vormonats April - und diese Tendenz bestätigt sich offenbar auch im Juni.
Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Installationszahlen bzw. Auftragsvolumina weiter zurückgegangen sein müssen. Es baut sich allmählich ein Überangebot im europäischen Markt auf, welches sich nun in Preissenkungen an breiter Front bemerkbar macht. Die Hersteller und Händler versuchen verzweifelt, Kaufanreize zu schaffen in einem Markt, dem die Luft nun komplett entwichen zu sein scheint.
Aber die deutsche Spitzenpolitik scheint aufgewacht zu sein - man hört endlich wieder Stimmen, die einen Zuwachs der jährlich installierten PV-Leistung fordern. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel versprach zum Beispiel kürzlich neue Impulse, um den Zubau auf das politisch festgelegte Ziel von 2,5 Gigawatt anzuheben – konkrete Maßnahmen nannte er jedoch nicht. Der drohenden Stromsteuer-Belastung für den Photovoltaik-Eigenverbrauch erteilt er zumindest eine klare Absage. Doch wie bringt man den Markt in Gang, wenn man es allen Beteiligten recht machen will, ohne die politischen Rahmenbedingungen übermäßig verändern zu müssen? Allein durch warme Worte wird es hier nicht getan sein.
Allen voran sind allerdings chinesische Anbieter proaktiv zu Gange, den Markt mit ihren Mitteln zu beeinflussen. Einerseits dringen preiswerte Module in immer höhere Leistungsklassen vor – 275-280 Wattpeak bei 60 Zellen sind keine Seltenheit mehr. Andererseits finden auch polykristalline Produkte geringerer Leistungsklassen aus dem Reich der Mitte in zunehmendem Maße wieder den Weg auf den europäischen Markt. Interessanterweise wird die Herkunft gar nicht mehr verschleiert, sondern in den mitgelieferten Herkunftsnachweisen ehrlich aufgeführt. Nachdem die EU-Kommission nun auch Ware aus Taiwan und Malaysia unter Beobachtung gestellt hat, scheinen diese Schlupflöcher nicht mehr interessant zu sein. Man hat sich mit der Mindestpreisregelung arrangiert und importiert nun ganz offiziell zu den erlaubten Preisen. Anschließend werden die Module dann aber zu deutlich geringeren Verkaufspreisen angeboten, erkennbar auch am kontinuierlichen Absinken der Durchschnittspreise für chinesische Ware in unserem Preisindex in den letzten zwei Monaten.
Nun fragt man sich natürlich: wie soll das gehen? Welches ökonomische Modell steckt dahinter, Module erst zu Preisen in die EU zu importieren, welche nicht mehr marktgerecht sind, sie dann aber um bis zu 20% abgewertet auf den Markt zu werfen? Ist es pure Verzweiflung oder steckt System dahinter? Wie sich die EU-Kommission dazu positioniert, ist nicht bekannt. Es sind mittlerweile auch vorwiegend kleine, eher unbekannte Hersteller, die mit diesen Praktiken auftreten. Nachdem die Kommission einige der ganz großen Marken mit Strafen belegt und öffentlichkeitswirksam aus dem Undertaking geworfen hat, ist es ruhiger in der Branche geworden. Vermutlich ist man dort mit der Überprüfung des ganzen Verfahrens so beschäftigt, dass Kapazitäten für die Untersuchung von neuen Umgehungstatbeständen fehlen.
Oder aber man versucht Maß zu halten, solange es nicht um große Liefermengen geht. Diese sucht man indes vergeblich, denn etabliertere Firmen lassen sich auf dieses Geschäft in der rechtlichen Grauzone nicht ein. Zu groß ist momentan noch die Angst der Errichter und Investoren vor nachträglich erhobenen Strafzöllen und dementsprechenden finanziellen Unwägbarkeiten. Zwar ist uns noch kein Fall bekannt, bei dem ein Käufer von korrekt verzollter Ware nachträglich zur Kasse gebeten wurde, sofern er selbst nicht der Importeur war, doch ein Restrisiko besteht immer. Die Importeure sind oft ohne ausreichendes Haftungskapital ausgestattete Kleinstfirmen in chinesischer Hand, vor kurzem erst gegründet, um notfalls schnell wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Wer kann garantieren, dass die Zollbehörden nicht doch versuchen werden, dem nächsten Glied in der Lieferkette auf den Leib zu rücken, dem sie habhaft werden können?
Wer sich dennoch auf derartige Schnäppchenangebote einlassen möchte – aus der Not heraus oder aus Überzeugung –, der ist gut beraten, sich Herkunft und Lieferkette gut dokumentieren zu lassen, alle Zertifikate und Zolldokumente anzufordern, eventuell noch die Stellungnahme eines Fachanwalts einzuholen und dann zu beten, dass im Falle einer Zollfahndung keine ihn belastenden Dokumente gefunden werden, die eine Mittäterschaft nahelegen könnten. Denn was dann kommt, hat ein befreundeter Anwalt folgendermaßen formuliert: „Auf hoher See und vor Gericht bist Du in Gottes Hand!“
Übersicht der im Oktober 2015 neu eingeführten Preispunkte inklusive der Veränderungen:
Modulklasse | Preis (€/Wp) | Veränderung ggü. Vormonat |
Beschreibung |
High Efficiency | 0,66 | - 7,0 % | Kristalline Module ab 275 Wp, mit PERC-, HIT-, N-Type- oder Rückseitenkontakt-Zellen oder Kombinationen daraus. |
All Black | 0,57 | - 3.4 % | Modultypen mit schwarzer Rückseitenfolie, schwarzem Rahmen und einer Nennleistung zwischen 190 Wp und 270 Wp. |
Mainstream | 0,51 | + 2,0 % | Module mit üblicherweise 60-Zellen, Standard-Alurahmen, weißer Rückseitenfolie und 245 bis 270 Wp, repräsentieren den Großteil der Module im Markt. |
Low Cost | 0,38 | - 2,6 % | Minderleistungsmodule, B-Ware, Insolvenzware, Gebrauchtmodule (kristallin), Produkte mit eingeschränkter oder ohne Herstellergarantie. |
(Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt im Monat Mai 2016 wieder.)