Marktanalyse Mai 2017 - (K)ein Grund zum Feiern!?

Warum ein so konstruierter, mehrdeutiger Titel? Das werden sich jetzt viele fragen. Nun, die Topmeldung des Tages ist noch ganz frisch, aber die sozialen Medien explodieren beinahe schon ob der zahlreichen qualifizierten und weniger qualifizierten Kommentare. Solarworld ist pleite!

Eine der international bekanntesten Solarfirmen stellt zumindest in Deutschland den Antrag auf Einleitung des Insolvenzverfahrens. „Nun doch?“ sagen die einen, „Wurde auch Zeit!“ sagen die anderen, wohl aber die Mehrheit. Bei letzteren macht sich Schadenfreude und vor allem Erleichterung breit.

Ich selbst konnte mich noch nicht entscheiden, ob ich mich freuen oder den Verlust doch bedauern soll. Natürlich gehöre ich zu den Gegnern der von Frank Asbeck und Solarworld initiierten Abschottung der Märkte in den USA und in Europa mithilfe von Strafzöllen auf chinesische Zellen und Module, wie jeder weiß. Dennoch bin ich mir noch nicht sicher, ob ein Scheitern des selbsternannten Sonnenkönigs wirklich ein Grund zum Feiern ist. Zumindest möchte ich mich nicht den Spöttern anschließen – ich gehöre nicht zu den Zeitgenossen, die bei einem am Boden Liegenden noch nachtreten.

Noch eine große Firmeninsolvenz in einer Zeit, wo der Markt gerade wieder Fahrt aufnimmt, dürfte der öffentlichen Wahrnehmung und dem Ansehen der Branche eher schaden. Es gibt ja immer noch einige Betonköpfe, welche die Erfolgsgeschichte der Erneuerbaren insgesamt anzweifeln und diese mit allen Mitteln verhindern wollen. Für die ist eine solche Pleite, die trotz jahrelanger Bemühungen, das Unternehmen Solarworld mit allen internen und externen Mitteln zu retten, nun doch eintritt, ein gefundenes Fressen. Es wird wieder heißen, dass auf Kosten der Allgemeinheit ein nicht eigenständig überlebensfähiger Wirtschaftszweig durchgefüttert wird, bis der Tod unausweichlich eintritt. Das ist natürlich kompletter Unfug – Asbeck hat durch sein Festhalten an alten Strukturen und Geschäftskonzepten sein Unternehmen selbst auf dem Gewissen. Alternativszenarien sehen wir ja durchaus bei anderen deutschen Solarpionieren, die mittlerweile im internationalen Umfeld gut aufgestellt sind.

Meiner Meinung nach gibt es jetzt zwei mögliche Szenarien innerhalb der Europäischen und US-amerikanischen Solarbranche: das „Jetzt-erst-recht!“-Szenario und das „Abhaken und (ohne Ballast) Weitermachen!“-Szenario. Asbeck und gleichgesinnte Unternehmer fangen jetzt an, wild um sich zu schlagen, noch protektionistischere Maßnahmen als bisher zu fordern, obwohl die wirklich gar nichts gebracht haben, um damit unter Umständen weitere Firmen, wie Zulieferer oder Vertriebspartner in den Abgrund zu reißen. Der kürzlich in Konkurs gegangene, hierzulande eher unbekannte Modulhersteller Suniva gehört zum Beispiel zur „Jetzt-erst-recht!“-Fraktion. Er klagt in den USA für Einfuhrzölle auf Solarkomponenten beziehungsweise für einen Mindestimportpreis für Module aus aller Welt in Höhe von 78 Dollarcent. Sollte sich diese Forderung durchsetzen, wäre das wohl der Todesstoß für die nordamerikanische Solarwirtschaft.

Sympathischer erscheint einem da doch das „Abhaken und Weitermachen!“-Szenario. Nachdem die Ära Asbeck bald zu Ende ist, mit Solarworld als Zugpferd wohl auch die Organisation EU Prosun nach und nach verschwinden wird, gibt es kaum noch Befürworter von Anti-Dumping-Zöllen und anderer Marktbeschränkungen. Der Marktpreis wird wieder durch Angebot und Nachfrage und nicht mehr durch protektionistische Maßnahmen bestimmt. Die meisten europäischen Hersteller produzieren ohnehin schon dort, wo das am kosteneffizientesten geht, nämlich in Asien. Solarkomponenten werden einen immer kleineren Anteil an der Wertschöpfung eines Energieerzeugungs- und Energieverteilungssystems haben. Ein gutes Engineering, die fachgerechte Installation, Instandhaltung und Optimierung bekommen einen immer größeren Stellenwert. Diese Dienstleistungen können nur vor Ort erbracht und nicht nach Asien verlagert werden.

Was tut sich eigentlich abseits der Schlagzeilen gerade im Markt? Die Preise für kristalline Module in Europa bewegen sich nach wie vor recht stabil rund um die 40-Cent-Marke bis leicht darüber, zumindest bei den namhaften Herstellern. Der lokale Markt stagnierte im ersten Quartal wetterbedingt noch etwas. Im April scheint der Knoten aber geplatzt zu sein, die Installationszahlen steigen kontinuierlich, vor allem bei kleinen und mittleren Anlagen. Dieser Trend wird sich auch durch in Deutschland demnächst wieder leicht absinkende Einspeisetarife nicht aufhalten lassen. Die durch Einmaleffekte (EEG-Anpassung im Januar) vergleichsweise hohen Zubauzahlen im November und Dezember haben den im EEG festgeschriebenen Degressionsmechanismus wieder in Gang gesetzt. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Frankreich ist aufgrund neuer Fördermaßnahmen und dem Sieg der politisch gemäßigten Kräfte ebenfalls eine positive Entwicklung zu erwarten.

Spannend bleibt die Preis- und Marktentwicklung ab dem dritten Quartal dieses Jahres. Es macht den Anschein, dass die aktuelle Stagnation der Modulpreise nur vordergründig etwas mit einer Verknappung zu tun hat. In Wirklichkeit erwarten viele Akteure einen weltweiten Preisverfall im dritten, spätestens vierten Quartal des Jahres. Dieser wird vor allem mit einem Schwinden der Nachfrage nach Modulen in China begründet, welches schon in der Vergangenheit immer zum Jahresende zu beobachten war. Um diesen Preiskampf von einem möglichst hohen Ausgangswert starten zu können, versuchen viele Hersteller, ihre Preise momentan noch möglichst hoch zu halten. Warten wir ab, ob diese Rechnung wirklich aufgeht.

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im April 2017 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt wieder):

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